Entlastungen in Deutschland nach der Strom-, Gas- und Wärmepreisbremse

Aufgrund der erheblich gestiegenen Energiepreise hat der Bundestag Ende des letzten Jahres die sog. Energiepreisbremsen beschlossen. Das „Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen“ („Strompreisbremsegesetz - StromPBG“) und das „Gesetz zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme“ („Gaspreisbremsegesetz - EWPBG“) sehen Entlastungen der Letztverbraucher durch eine Deckelung der Energiepreise vor. In den Genuss dieser Preisbremsen kommen kleinere Verbraucher quasi automatisch – ihnen werden von den Versorgern geringere Beträge für die Energieversorgung in Rechnung gestellt. Bei größeren Verbrauchern besteht jedoch Handlungsbedarf, um den möglichen Rahmen vollständig auszuschöpfen, allen Mitteilungspflichten nachzukommen und Fallstricke zu umgehen.  

Was sind die Energiepreisbremsen?

Die Preisbremsen sehen eine Entlastung von Letztverbrauchern für grundsätzlich das gesamte Kalenderjahr 2023 vor, wobei durch Rechtsverordnung eine Verlängerung bis zum 30. April 2024 möglich ist. Die Energieversorgungsunternehmen werden hierzu – vereinfacht ausgedrückt – verpflichtet, den Letztverbrauchern ein bestimmtes Kontingent an Energie zu einem vergünstigten Preis zur Verfügung zu stellen, wofür sie wiederum vom Staat entschädigt werden. 

Höhe der Entlastung

Das Gesetz differenziert zur Ermittlung der Entlastungshöhe zwischen unterschiedlichen Gruppen von Letztverbrauchern.

Dabei unterscheidet die Gaspreisbremse insbesondere zwischen Letztverbrauchern, deren Jahresverbrauch 1.500.000 kWh pro Jahr nicht überschreitet und solchen, deren Jahresverbrauch mehr als 1.500.000 kWh beträgt und die im Wege einer sog. registrierenden Leistungsmessung beliefert werden. Auch bei der Wärmepreisbremse ist es ein wesentliches Abgrenzungskriterium, ob an einer Entnahmestelle ein Jahresverbrauch von 1.500.000 kWh pro Jahr überschritten wird. Die Strompreisbremse differenziert insbesondere zwischen Netzentnahmestellen, an denen bis zu bzw. über 30.000 kWh entnommen werden. (Es finden zudem jedoch diverse Ausnahmen Anwendung, z.B. in Bezug auf Letztverbraucher, die ein zugelassenes Krankenhaus sind.)

Die konkrete Höhe des monatlichen Entlastungsbetrags zugunsten der Letztverbraucher ergibt sich sodann aus einem sog. „Differenzbetrag“ und einem „Entlastungskontingent“.

Der monatliche Differenzbetrag ergibt sich aus der Differenz zwischen dem ursprünglich mit dem Lieferanten vereinbarten Arbeitspreis und dem sog. Referenzpreis. Der Referenzpreis unterscheidet sich je nach Gruppe von Letztverbrauchern und beträgt für Erdgas für die vorstehend erstgenannte Kundengruppe 12 ct/kWh (brutto, d.h. einschließlich Netzentgelten, Messstellenentgelten und staatlich veranlassten Preisbestandteilen einschließlich der Umsatzsteuer) bzw. für die zweitgenannte Kundengruppe 7 ct/kWh (netto, d.h. vor Netzentgelten, Messstellenentgelten und staatlich veranlassten Preisbestandteilen einschließlich der Umsatzsteuer). Bei Strom sind es 40 ct/kWh (brutto) bzw. 13 ct/kWh (netto). Bei Wärme sind es je nach Kundengruppe 9,5 ct/kWh (brutto, d.h. hier: einschließlich staatlich veranlassten Preisbestandteile einschließlich der Umsatzsteuer) oder 7,5 ct/kWh (netto, d.h. hier: vor staatlich veranlassten Preisbestandteilen). Abweichend davon beträgt der Wert für die zweitgenannte Kundengruppe 9 ct/kWh (netto), wenn der Letztverbraucher mit Wärme in Form von Dampf versorgt wird.

Dieser monatliche Differenzbetrag greift nur für ein bestimmtes Entlastungskontingent. Dieses beträgt je nach Einzelfall 70% bzw. 80% der früheren Verbrauchsmenge (die nach den im Gesetz für den jeweiligen Einzelfall näher definierten Vorgaben zu bestimmen ist). Hierdurch soll weiterhin ein Anreiz zum Energiesparen gesetzt werden.

Höchstgrenzen

Die rechtlichen Vorgaben zu den Energiepreisbremsen sehen – unter Berücksichtigung des europäischen Beihilferechts – allerdings bestimmte Höchstgrenzen für die insg. zu erlangende Entlastung vor. Hierzu enthalten die Gesetze ein komplexes Regelungsregime für die Bestimmung und Anwendung ebendieser Höchstgrenzen.

Absolute Höchstgrenzen

Dabei gelten zunächst absolute Höchstgrenzen für miteinander verbundene Unternehmen. 

Grundsätzlich erhält jedes Unternehmen bzw. jeder Unternehmensverbund eine Entlastungssumme von bis zu 2 bzw. 4 Millionen Euro, ohne dass hierfür eine Antragsstellung erforderlich ist. Bei Anwendung der absoluten Höchstgrenze von 4 Millionen Euro darf die Entlastungssumme jedoch 50% der sog. krisenbedingten Energiemehrkosten nicht übersteigen. Nur in Bezug auf die (geringste) absolute Höchstgrenze von 2 Millionen Euro können 100% der krisenbedingten Energiemehrkosten berücksichtigt werden.

Darüber hinaus können auf Unternehmen(sverbünde) bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen absolute Höchstgrenzen von bis zu 150 Millionen Euro Anwendung finden. Relevant für die Anwendung einer entsprechend höheren absoluten Höchstgrenze ist, ob (i) nach bestimmten im Gesetz näher definierten Anforderungen die besondere Betroffenheit des jeweiligen Letztverbrauchers von den hohen Energiepreisen festgestellt wurde, ob (ii) das Unternehmen nach ebenfalls näher definierten Voraussetzungen energieintensiv ist und (iii) ob der jeweilige Letztverbraucher einem der besonders von hohen Energiepreisen betroffenen Sektoren oder Teilsektoren zuzuordnen ist, die in der Anlage 2 zu den Energiepreisbremsegesetzen genannt sind.

Diese drei Kriterien sowie die sich hieraus ergebende konkret anzuwendende Höchstgrenze werden von einer Prüfbehörde gemäß § 11 StromPBG bzw. § 19 EWPBG auf Antrag festgestellt. Insofern ist zur Inanspruchnahme dieser Höchstgrenzen ein Tätigwerden erforderlich.

Relative Höchstgrenzen

Neben den absoluten Höchstgrenzen sind die relativen Höchstgrenzen zu beachten, die definieren, welcher prozentuale Anteil an den krisenbedingten Energiemehrkosten zu berücksichtigen ist. Grenzen ergeben sich in Bezug auf das EBITDA des Letztverbrauchers oder Kunden im Entlastungszeitraum im Verhältnis zum EBITDA in den Kalendermonaten entsprechenden Zeitraum des Kalenderjahres 2021.

Mitteilungspflichten von Unternehmen

Unternehmen treffen zudem umfangreiche Mitteilungspflichten, wenn deren Entlastungsbeträge an sämtlichen Netzentnahmestellen einen monatlichen Betrag von 150.000 Euro oder eine Entlastungssumme von 2 Millionen Euro übersteigen. Übersteigen die Entlastungsbeträge einen Betrag von 100.000 Euro im Jahr 2023, trifft das Unternehmen ebenfalls bestimmte Mitteilungspflichten.

Weitere wichtige Regelungen

Nach langer politischer Diskussion wurde zudem ein Boni- und Dividendenverbot in die jeweiligen Gesetze aufgenommen. Wie weitgehend das Verbot zur Ausschüttung von Boni und Dividenden inhaltlich greift, unterscheidet sich danach, ob das Unternehmen insgesamt eine Entlastungssumme über 25 oder über 50 Millionen Euro bezieht.

Es besteht jedoch auch die Möglichkeit eines „Opt-Out”: Unternehmen können bis zum 31. März 2023 durch formlose Erklärung gegenüber der Prüfbehörde erklären, dass sie eine Entlastung nach den Energiepreisbremsen nicht über 25 Millionen Euro in Anspruch nehmen werden. Bei Ausübung dieser Möglichkeit entfällt das Boni- und Dividendenverbot nach § 37a StromPBG bzw. § 29a EWPBG.

Zudem enthalten die Preisbremsen eine sog. Arbeitsplatzerhaltungspflicht. Danach können Unternehmen, die Arbeitnehmer beschäftigen, auf Grundlage der Energiepreisbremsegesetze Entlastungen über 2 Millionen Euro nur dann beziehen, wenn sie durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung eine Regelung zur Beschäftigungssicherung für die Dauer bis mindestens zum 30. April 2025 getroffen haben. Alternativ kann eine solche Regelung unter anderem dadurch ersetzt werden, dass sich das Unternehmen verpflichtet, 90% der zum 1. Januar 2023 vorhandenen Vollzeitäquivalente bis zum 30. April 2025 zu erhalten.

Sprechen Sie uns bei Fragen zu den Energiepreisbremsen gerne jederzeit an!

 

Authored by Stefan Schröder, Maria Kern.

 

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