Greenwashing – Gestiegenes Compliance-Risiko für Unternehmen

Mit steigenden politischen und gesellschaftlichen Bemühungen um Klimaschutz und Nachhaltigkeit steigt auch der Druck auf Unternehmen, sich dieser Themen anzunehmen. "Klimaneutral", "umweltfreundlich" oder "ESG-konform": Diese oder ähnliche Schlagworte finden sich immer häufiger auf Produkten, in Werbekampagnen oder Anlageprospekten. Werden die zugrundeliegenden Umstände nicht hinreichend erklärt oder die vorgeblichen Eigenschaften nicht eingehalten, drohen zivilrechtliche und – insbesondere im Finanzsektor – auch strafrechtliche Risiken: Greenwashing beschäftigt Politik, Behörden und Gerichte in Europa und den USA. Diesen Risiken sollten Unternehmen durch die Einführung von ESG-Compliance Prozessen vorbeugen.

Greenwashing im Fokus von Straf- und Aufsichtsbehörden

Insbesondere im Finanzsektor gehen aktuell Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden sowohl in Deutschland als auch in den USA verstärkt gegen den Verdacht des Greenwashings vor – einschließlich der Durchsuchung von Geschäftsräumen, zuletzt auch in Deutschland. Die US-Börsenaufsicht SEC hat hierfür bereits im vergangenen Jahr eine eigene "Klima und ESG Task Force" gebildet. Im Fokus der Ermittlungen stehen dabei Unternehmen und Fonds, die ihren Anlegern gegenüber mit nachhaltigen oder ESG-konformen Investments werben.

Sofern diese Angaben nicht der Wahrheit entsprechen oder zumindest irreführend sein können, bestehen erhebliche Compliance-Risiken bis hin zum Vorwurf des Kapitalanlagebetrugs. Für Unternehmen kommt erschwerend hinzu, dass es bislang noch keine klaren Maßstäbe für die Werbung mit "nachhaltigen", "grünen" oder ESG-Investments gibt.

Die verstärkte Untersuchungstätigkeit geht einher mit einer zunehmenden Regulierung durch die Aufsichtsbehörden im Bereich von ESG-Investments. Auf europäischer Ebene sind mit der Verabschiedung der Offenlegungs-Verordnung und der Taxonomie-Verordnung bereits zwei Regularien zur Einordnung und Information über die Nachhaltigkeit von Investments auf den Weg gebracht worden. Eine Investition in eine wirtschaftliche Tätigkeit gilt nach Art. 2 Nr. 17 der Offenlegungs-VO etwa als "nachhaltig", wenn 

  • sie einen Beitrag zur Verwirklichung eines Umwelt- oder sozialen Ziels leistet, 
  • dabei nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer (anderer) Ziele führt, und
  • die Unternehmen, in die investiert wird, Verfahrensweisen einer guten Unternehmensführung anwenden. 

In den USA läuft aktuell noch die Stellungnahmefrist zum Entwurf der SEC für eine stärkere Regulierung von ESG-Investments. Der Entwurf sieht eine Kategorisierung mit abgestuften Informationspflichten vor. Danach müssen sowohl die ESG-Strategien als auch, in bestimmten Fällen, die Treibhausgasemissionen dargestellt werden.

WEITERE UNTERSUCHUNGEN UND KLAGEN ZU ERWARTEN

Für Unternehmen ergeben sich aus den neuen oder geplanten Regularien erste Anhaltspunkte, welche Transparenzanforderungen Behörden an die Werbung mit nachhaltigen Investments stellen werden. Sie bedeuten aber auch ein steigendes Risiko, dass mit einer engeren Regulierung weitere Durchsetzungsmaßnahmen folgen werden. 

Dabei besteht das Risiko, dass sich Untersuchungen und Verfahren auch auf Branchen außerhalb des Finanzsektors ausweiten könnten. Die EU Kommission hat bereits Pläne verlautbaren lassen, durch eine Änderung der UGP-Richtlinie verstärkt gegen Greenwashing als unlautere Geschäftspraktik vorgehen zu wollen. Mit weiterer Umsetzung ihres Green Deals ist davon auszugehen, dass die EU und nationale Gesetzgeber den Druck für Unternehmen weiter erhöhen wird, Werbeaussagen über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte und Dienstleitungen mit Tatsachen zu belegen.
Bereits jetzt gehen Umwelt- und Verbraucherverbände wie die Deutsche Umwelthilfe in zahlreichen Verfahren gerichtlich mit dem Vorwurf des Greenwashings gegen Unternehmen vor – oft mit Erfolg und erheblichen Reputationsschäden für Unternehmen.

HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN 

Angesichts der immer schärfer werdenden Maßnahmen sollten sich Unternehmen des Risikos bewusst sein, das mit der leichtfertigen Werbung mit ESG- und Nachhaltigkeitsbegriffen besteht. Zur Abwendung bzw. Eingrenzung solcher Risiken sollten sich Unternehmen in ihrem Compliance Management System auch vertieft mit einem Baustein zur ESG-Compliance befassen. Da es bisher häufig an eindeutigen Definitionen fehlt, sollten entsprechende Werbeaussagen zudem prozessseitig vor ihrer Veröffentlichung mit der Rechts- oder Compliance-Abteilung abgestimmt werden. 

Dabei sollten Unternehmen die aktuellen regulatorischen Entwicklungen eng im Blick behalten. Es ist zu erwarten, dass in der Zukunft weitere Kategorien und Maßstäbe entstehen, an denen sich Unternehmen bei der Werbung für ihre Produkte orientieren können. Diese werden sich auch aus der Behördenpraxis im Umgang mit weiteren Fällen ergeben.

 

 

 

Verfasst von: Christian Ritz, Sebastian Gräler und Oliver Cook.
 

 

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