Wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück – Begründung einer Reallast

Der BGH beschäftigte sich mit der Frage, wann eine "wiederkehrende Leistung" im Sinne des § 1105 Abs. 1 BGB vorliegt, die Gegenstand einer Reallast sein kann. Ausgangsfall war die Vereinbarung zweier Grundstücksnachbarn über die Eintragung einer Reallast, mit der der jeweilige Eigentümer des Nachbargrundstücks zur jeweiligen Wiedererrichtung einer auf der Grenze befindlichen Schallschutzmauer verpflichtet werden sollte. BGH, Beschluss vom 24. März 2022 – V ZB 60/21

Der Bundesgerichtshof stellte mit Beschluss vom 24. März 2022, V ZB 60/21 fest, dass es zur Beurteilung, ob eine Leistung nur einmal oder mehrfach und damit „wiederkehrend“ im Sinne des § 1105 Abs. 1 BGB erbracht werden soll, alleine darauf ankommt, ob die Leistungspflicht als wiederkehrende Verpflichtung ausgestaltet ist. Ist dies zu bejahen, hat die Reallast einen zulässigen Inhalt. Wie wahrscheinlich es ist, dass die Pflicht mehrfach entsteht, ist nach Ansicht des BGH unerheblich.

Zum Sachverhalt

Im gegenständlichen Fall beantragte der mit der Durchführung eines Kaufvertrages bevollmächtigte Notar die Eintragung der nachstehenden Reallast:

"2.4 Reallast
Zur dinglichen Absicherung der Verpflichtung gem. vorstehend 2.1.2 wird folgende Reallast zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 1991/6 an dem Grundstück Weißenburg i. Bay. Blatt 11648 lfd. Nr. 2 Flurstück 1991/5 im unmittelbaren Nachrang nach der aktuell einzigen Belastung (…) vereinbart und bewilligt:

Für den Fall der jeweiligen Entfernung der aktuell einzigen Schallschutzmauer (belegen auf dem Flurstück 1991/6 zur Grenze des Flurstücks 1991/5) durch oder auf Veranlassung des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 1991/5 verpflichtet sich der jeweilige Eigentümer des Flurstücks 1991/5 zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks 1991/6 diese Schallschutzmauer (i) auf seine Kosten unverzüglich unter Einhaltung der zum Errichtungszeitpunkt geltenden technischen Anforderungen jeweils wieder zu errichten, falls die Errichtung aus Gründen des Lärmschutzes öffentlich-rechtlich wieder erforderlich wird und (ii) sie sodann für die Dauer der öffentlich-rechtlichen Anforderung nach den öffentlich-rechtlichen Anforderungen die jeweilige Schallschutzmauer auf eigene Kosten instand zu halten. Der Eigentümer des Flurstücks 1991/5 (…) stimmt hiermit der vorstehenden Bewilligung zu und gibt diese ebenfalls ab.“

Sowohl das Amtsgericht Weißenburg i. Bay. als zuständiges Grundbuchamt als auch das Oberlandesgericht Nürnberg als zuständiges Beschwerdegericht hatten die Eintragung mit dem Argument abgelehnt, dass es sich hierbei um keine eintragungsfähige Reallast mit zulässigem gesetzlichen Inhalt handelt. Es bestünde bloß eine abstrakte mögliche Wiederholung, welche die Leistungspflicht in Folge zu unwahrscheinlich machen würde, da die Verpflichtung objektiv nicht auf eine mehrfache oder nochmalige Ausführung angelegt sei. Um das Erfordernis einer "wiederkehrenden Leistung" zu erfüllen, müssten sich diese aber nach dem Willen des Gesetzgebers von Zeit zu Zeit wiederholen. Die Abhängigkeit einer Leistung aus einer Bedingung – wie gegenständlich der erforderliche Wiederaufbau einer Mauer, sofern gesetzlich verlangt – lasse nicht darauf schließen, dass die Leistung wiederkehrend zu erbringen sei.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH kam zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen zur Eintragung einer Reallast im vorliegenden Fall erfüllt sind. Es handelt sich zum einen bei der Wiedererrichtung einer Schallschutzmauer samt Instandhaltungspflicht um Leistungen, die „aus dem Grundstück zu entrichten“ und die zum anderen "wiederkehrend" im Sinne des § 1105 Abs. 1 S 1 BGB sind.

Die erste Voraussetzung war unstrittig, da die Leistungen nicht in Natur aus dem Grundstück zu erbringen sind. Es genügt, dass die Reallast den Wert einer Leistung verkörpert, die dem Berechtigten bei Nichtleistung des Übernehmers die Möglichkeit bietet, durch Verwertung des Grundstücks den Gegenwert in Geld zu erlangen.

Die Beurteilung, ob es sich bei einer Verpflichtung zur Wiedererrichtung und Instandhaltung einer entfernten Schallschutzmauer um eine "wiederkehrende Leistung" im Sinne des § 1105 Abs. 1 S 1 BGB handelt, war dagegen nicht eindeutig.

Der BGH zieht in seiner Entscheidung eine Parallele zu der bereits in diesem Zusammenhang diskutierten Verpflichtung zum Wiederaufbau eines zerstörten Gebäudes. Besteht die Pflicht zum Wiederaufbau nur in einem einmaligen Fall, liegt keine wiederkehrende Leistung vor. Wird ein Wiederaufbau aber in allen künftigen Fällen der Zerstörung geschuldet hingegen schon (siehe vorliegenden Beschluss unter Rn. 15 mwN).

Der BGH hielt sohin fest, dass Verpflichtungen, die auf ein wiederkehrendes tätiges Verhalten gerichtet sind, von denen aber nicht sicher feststeht, ob und wie häufig sie in der Zukunft entstehen werden, durch eine Reallast abgesichert werden können. Angesichts des Numerus clausus der Sachenrechte bestehe laut Meinung des BGH ein praktisches Bedürfnis, den Anwendungsbereich der Reallast weit zu verstehen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass eine Reallast typischerweise dazu dient, langlaufende Verpflichtungen abzusichern; es ist also nicht sachfremd, dass das Sicherungsmittel verwendet werden kann, um Verpflichtungen dinglich abzusichern, die wiederkehren können, von denen im Zeitpunkt der Bestellung des Rechts aber noch nicht absehbar ist, ob und wann dies künftig der Fall sein wird.

Fazit

Mit dem Argument des Numerus Clausus des Sachenrechts hätte man auch rechtfertigen können, das gesetzliche Tatbestandsmerkmal „wiederkehrend“ gegen eine Aushöhlung durch Parteidisposition zu schützen und diesbezüglich eine absolute Grenze zu ziehen, über welche die Parteien sich nicht hinwegsetzen können. Stattdessen öffnet der BGH die Reallast für die Festlegung auch sehr unwahrscheinlicher "Wiederkehrungsfälle" der Disposition der Parteien.

Vom Wortlaut der nunmehr vom BGH für zulässig erachteten Reallast "die Schallschutzmauer … jeweils wieder zu errichten, …  und instand zu halten" lediglich graduell abweichend wäre wohl eine Pflicht zur erstmaligen Errichtung einer erforderlichen Schallschutzmauer nebst einer Pflicht, die Mauer dauernd in einer einem fortgeltenden Lärmschutzzweck öffentlich-rechtlich genügenden Umfang instand zu halten und erforderlichenfalls zu erneuern. Diese Regelung würde weniger gekünstelt bzw. deren Eintrittswahrscheinlichkeit weniger abstrakt erscheinen, im Endeffekt aber zum selben Ergebnis führen.

Dafür hätte der BGH die eventuell erforderliche Wiedererrichtung der Schallschutzmauer als Nebenleistung der Instandhaltungspflicht als Hauptzweck der vereinbarten Verpflichtung  qualifizieren müssen. Denn nach überwiegender Ansicht kann auch eine einmalige Leistung ausnahmsweise Inhalt einer Reallast sein, wenn sie als Nebenleistung im Gesamtzusammenhang wiederkehrender Leistungen vereinbart wird, siehe BGH Urteil vom 8.11.2013 – V ZR 95/12 (veröffentlicht u.a. in NJW 2014, 1000 mwN). In der soeben zitierten Entscheidung bezog sich der BGH auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München, in dieser eine im Rahmen eines Leibgedinges vereinbarte Verpflichtung zur teilweisen Erlösauskehr bei einer Veräußerung von Teilen des landwirtschaftlichen Anwesens als zulässiger Inhalt einer Reallast angesehen worden ist (BayObLG, DNotZ 1970, 415).

Ein Grundbuchamt würde möglicherweise die Eintragung solch einer Reallast in Anbetracht der aktuellen Entscheidung des BGH ablehnen, da nur von einer einmaligen Errichtung als Hauptzweck die Rede ist. Insofern ist zu erwarten, dass  sich auch die Rechtspraxis in Zukunft eng am vom BGH entschiedenen Fall orientieren und zur Eintragungsfähigkeit einer Reallast "Wiederkehrungsfälle" kreieren wird, deren Eintrittswahrscheinlichkeit sehr gering ist.  

Jeder Eigentümer hat für sich zu beurteilen, ob die Verpflichtung der Wiedererrichtung einer Lärmschutzwand (oder eines Gebäudes) als Reallast in das Grundbuch eingetragen werden soll, da die dingliche Absicherung zu einer starken und dauerhaften Wertbeeinträchtigung der Immobilie führen kann. Die Entscheidung erscheint hier sachgerecht, weil der Eigentümer des belasteten Grundstücks durch die Verknüpfung der Verpflichtung mit den „öffentlich-rechtlichen Anforderungen“ jedenfalls davor bewahrt wird, noch leisten zu müssen, wenn sich in ferner Zukunft die Anforderungen an den Lärmschutz vor Ort ändern sollten.

 

 

Verfasst von Bernhard Kuhn und Kerstin Schoening.

 

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