Die Reform des deutschen Grunderwerb-steuergesetzes im Kurzüberblick

Am 1. Juli 2021 ist das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes in Kraft getreten. Die Gesetzesreform war zuvor über mehrere Jahre Gegenstand öffentlicher Debatten und wird auch nach ihrem Inkrafttreten noch kontrovers diskutiert. Die obersten Finanzbehörden der Länder haben zwischenzeitlich gleich lautende Erlasse zu den komplexen Übergangsregelungen der Gesetzesänderungen veröffentlicht. Wir präsentieren Ihnen die wichtigsten Eckpunkte Gesetzesreform und der veröffentlichten Stellungnahmen der Finanzverwaltung.

Überblick über die wichtigsten Neuerungen durch die Gesetzesreform 

Nach einer mehrjährigen öffentlichen Debatte ist am 1. Juli 2021 das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12. Mai 2021 in Kraft getreten. Durch die Gesetzesreform sind vor allem folgende Neuerungen mit Relevanz für sog. Share-Deals eingeführt worden:

  • Bisher schon galt, dass ein unmittelbarer oder mittelbarer Übergang von mindestens 95% der Anteile an einer grundstückshaltenden Personengesellschaft auf neue Gesellschafter innerhalb eines Fünfjahres-Zeitraums einen grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestand auslöst. Nach neuer Rechtslage kommt es darauf an, ob innerhalb von zehn Jahren mindestens 90% der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen
    (§ 1 Abs. 2a GrEStG).
  • Neu geregelt wurde, dass auch ein innerhalb von zehn Jahren erfolgender unmittelbarer oder mittelbarer Übergang von mindestens 90% der Anteile an einer grundstückshaltenden Kapitalgesellschaft auf neue Gesellschafter ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang ist (§ 1 Abs. 2b GrEStG). Hier kommt es nicht (mehr) darauf an, ob ein einzelner Erwerber eine bestimmte Beteiligungsschwelle (zuvor 94,9%) überschreitet.
  • Gemäß der neu eingeführten Börsenklausel (§ 1 Abs. 2c GrEStG) bleiben im Rahmen der beiden o.g. Tatbestände bestimmte Übergänge von Kapitalgesellschaftsanteilen unberücksichtigt. Voraussetzung ist, dass die (übergehenden) Anteile über bestimmte Handelsplätze bzw. -systeme gehandelt werden. Die Börsenklausel greift auch bei mittelbarem Wechsel des Gesellschafterbestandes einer grundstückshaltenden Personengesellschaft.
  • Wie bei den beiden o.g. Tatbeständen ist die relevante Beteiligungsschwelle auch in den weiteren bereits bekannten Tatbeständen (z.B. Anteilsvereinigung, Erreichen bestimmter wirtschaftlichen Beteiligung) von 95% auf 90% abgesenkt worden (§§ 1 Abs. 3 und 3a GrEStG).
  • Zudem sind diverse Haltefristen im Zusammenhang mit Steuerbefreiungsvorschriften
    (§§ 5 Abs. 3; 6 Abs. 3; 7 Abs. 3 GrEStG) von fünf auf zehn, teilweise sogar auf fünfzehn Jahre
    (§ 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG), erhöht worden.
  • Neu eingefügt wurde schließlich die Anordnung einer Mindestbemessungsgrundlage (nach Bewertungsrecht zu ermittelnder Grundbesitzwert), wenn es im Rückwirkungszeitraum bei Umwandlungsfällen und Einbringungen zu Grundstücksverkäufen zwischen den am Umwandlungsvorgang beteiligten Rechtsträgern kommt (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 GrEStG).

Achtung: Komplexe Übergangsregelungen

Beachtlich sind zudem die mit der Reform eingeführten komplexen Anwendungs- bzw. Übergangsregelungen: Hiernach bleiben vor allem die bisherigen Fassungen der Tatbestände in bestimmten Fällen weiter anwendbar. Der Gesetzgeber will hierdurch z.B. verhindern, dass Anteilseigner (bzw. wirtschaftlich Beteiligte), die vor dem 1. Juli 2021 bereits zu mindestens 90%, jedoch weniger als 95% an der grundstückshaltenden Gesellschaft beteiligt waren, ihre Beteiligungsquote nach dem 30. Juni 2021 steuerneutral aufstocken können.

Gleich lautende Erlasse zu den Übergangsregelungen

Mit gleich lautenden Erlassen vom 29. Juni 2021 haben die obersten Finanzbehörden der Länder eine Stellungnahme zur Anwendung der genannten Anwendungs- bzw. Übergangsregelungen veröffentlicht: Dort wird mit diversen Beispielen erläutert, wann Anteilseigner in Transaktionen nach dem 30. Juni 2021 als Alt- bzw. Neugesellschafter anzusehen sind. 

Klargestellt wird vor allem auch, dass bei Anwendung der Neuregelung zu Anteilsübergängen an grundstückshaltenden Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG) nur Anteilsübergänge zu berücksichtigen sind, die nach dem 30. Juni 2021 erfolgen. Die zehnjährige Mindesthaltedauer des § 1 Abs. 2b GrEStG blendet damit Anteilsübergänge vor dem 1. Juli 2021 aus und behandelt alle mit Ablauf des 30. Juni 2021 an der Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Anteilseigner als Altgesellschafter. 

Nächste Schritte

Bei weiteren Fragen zu den Auswirkungen der Gesetzesreform, konkreten Fragen zu Ihren bestehenden Strukturen oder zu anstehenden Transaktionen steht Ihnen das Steuerteam von Hogan Lovells gerne zur Verfügung. Sprechen Sie uns an.

 

 

Verfasst von: Marius Plum und Ingmar Dörr

 

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