Mobile Arbeit und Desk Sharing: Handlungsbedarf und Einsparpotenziale "nach Corona"

Die Corona-Pandemie sorgte erstmals für eine flächendeckende Nutzung des Homeoffice in Deutschland. Viele Unternehmen und Mitarbeitende machten so zum ersten Mal Erfahrungen mit mobiler Arbeit. Mit der zuletzt neu eingeführten "Homeoffice-Pflicht" wird das zumindest bis zum 30. Juni 2021 auch weiterhin gelten. Sinkende Inzidenzen und eine fortschreitende Impfkampagne machen aber Hoffnung, dass der Ausnahmezustand bald endet. Daher stellen sich bereits jetzt wichtige Fragen für zukünftige Weichenstellungen: Was bleibt von den gewonnen Eindrücken und was gilt es mit Blick auf eine Arbeitswelt „nach Corona“ zu tun?

Homeoffice-Lösungen werden auch künftig gefragt sein

Es ist nicht zu erwarten, dass die Nutzung von Homeoffice und mobiler Arbeit auf das Niveau vor der Pandemie zurückgeht. Dagegen sprechen die Pläne der deutschen Unternehmen in einer Umfrage des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Ein Fünftel der Unternehmen wollen die Arbeit von zu Hause künftig vermehrt ermöglichen. Ab einer Betriebsgröße von 250 Mitarbeitenden wollen das sogar mehr als die Hälfte aller Arbeitgebenden.

Das entspricht auch den Wünschen der Angestellten: In einer Umfrage des BMAS gaben 87 Prozent an, mit der Arbeit im Homeoffice zufrieden oder sehr zufrieden zu sein. Die Umfrage förderte auch eine weitere Erkenntnis zu Tage: Insbesondere ein hybrides Modell aus Homeoffice und Arbeit im Betrieb ist nach Corona gefragt. Während nur elf Prozent künftig weiterhin dauerhaft Zuhause arbeiten möchten, wünschen sich zwei Drittel der Befragten flexibel im Homeoffice arbeiten zu können.

Dabei liegen die Gründe für mehr mobile Arbeit auf der Hand. Attraktivität und Kostenersparnisse für Unternehmen, Flexibilität und Zeitersparnis für die Beschäftigten.

Handlungsbedarf nach Ende der Beschränkungen

Die Eile, mit der vergangenes Frühjahr die Umstellung auf Homeoffice geboten war, führte oft dazu, dass seitdem ohne vertragliche Regelung von zu Hause aus gearbeitet wird. In der Umfrage des IAB gaben nur zwölf Prozent der Unternehmen an, überhaupt formale Regelungen für die Arbeit von zu Hause zu haben. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in unserer Beratungspraxis.

Wer zu der großen Mehrheit zählt, die keine Regelungen getroffen hat, sollte nun tätig werden. Denn wer auch nach der Pandemie die Arbeit im Homeoffice weiterhin duldet, kann damit einen Anspruch auf Homeoffice schaffen (aus sogenannter „betrieblicher Übung“). Mitarbeitende könnten dann künftig verlangen, jederzeit von zu Hause aus zu arbeiten; die Gestaltung der Spielregeln durch das Unternehmen ist dann kaum mehr möglich. Hinzu kommt die Feststellung in einer Studie des IAB, dass sich die Arbeitszufriedenheit bedeutend erhöht, wenn klare Regeln für das Homeoffice festgelegt sind.

Aber auch wer über Regelungen verfügt, sollte die abklingende Pandemie zum Anlass nehmen, diese zu überprüfen. Denkbar ist zum einen, dass die zu Anfang der Pandemie in Eile eingeführten Regelungen für eine dauerhafte Lösung angepasst werden müssen. Zum anderen handelt es sich häufig noch um Regelungen zur klassischen Telearbeit, welche den aktuellen Entwicklungen rund um die mobile Arbeit und den „new ways of work“ noch nicht Rechnung tragen.

Auf neue gesetzliche Regelungen wie etwa Arbeitszeitflexibilisierung oder das „Mobile-Arbeit-Gesetz“ wartet man wohl noch länger. Abwarten macht hier für uns keinen Sinn (mehr).

Der Zeitpunkt für eine Neugestaltung von Arbeit, Arbeitsplätzen und Arbeitsmethoden ist jetzt optimal. Die aktuelle Stimmungslage unter den Beschäftigten und die fortschreitende Digitalisierung bieten herausragende Möglichkeiten für Unternehmen, sich neu aufzustellen. Wer jetzt nicht tätig wird, verpasst den Anschluss in die neue Arbeitswelt.

Wem das nicht Argument genug ist, findet vielleicht einen Anreiz darin, dass durch mobile Arbeit im Zusammenspiel mit modernen Bürokonzepten Kosten erheblich gesenkt werden können.

Mobile Arbeit statt Homeoffice

Unter Homeoffice verstehen viele die klassische Telearbeit, d.h. die Arbeit von einem fest eingerichteten häuslichen Arbeitsplatz. Das mag in den meisten Fällen auch zutreffend sein, bietet jedoch kaum Flexibilität. Denn schließlich werden Beschäftigte verschiedene Orte innerhalb der Wohnung (z.B. Esszimmer, Balkon etc.) oder auch außerhalb (z.B. Café, Zug, Hotel) zum Arbeiten nutzen. In der Regel möchten die Beschäftigten den Ort selbst bestimmen. Für Unternehmen ist der Ort hingegen meist nebensächlich, solange bestimmte Regeln eingehalten werden (insb. Datenschutz, technische Anbindung, Verfügbarkeit).

Zudem sind die Anforderungen an Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit bei Telearbeit sehr hoch und die Arbeitgebenden grundsätzlich zur vollständigen Einrichtung und Überprüfung des Arbeitsplatzes verpflichtet.

Wenn der Ort der Arbeit hingegen frei gewählt werden kann, spricht man von „mobiler Arbeit“ (welche natürlich auch das Homeoffice im Wechsel mit der Arbeit im Betrieb miteinschließt). Auch hier sind Arbeitgebende für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit verantwortlich. Die Grundsätze zur Telearbeit gelten jedoch nur eingeschränkt und dies bietet aus unserer Sicht bestmögliche und flexible Möglichkeiten für Unternehmen.

Desk-Sharing spart Kosten

Desk-Sharing bedeutet, dass die Mitarbeitenden keinen „eigenen“ Arbeitsplatz mehr haben, sondern sich die im Betrieb verfügbaren Arbeitsplätze teilen. Da viele Arbeitsplätze wegen Abwesenheiten (bspw. mobile Arbeit, Dienstreisen, Urlaub) sowieso nicht täglich besetzt werden, können Unternehmen weniger Arbeitsplätze vorhalten als sie Beschäftigte haben.

Viele Arbeitgebende, die erstmals das Desk-Sharing einführen, trauen sich eine Arbeitsplatzquote von 80 Prozent zu. Der so reduzierte Platzbedarf spart erheblich Kosten. Eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC errechnete, dass ein Flächenabbau von 20 Prozent bereits 12 Prozent der immobilienbezogenen Kosten innerhalb von zehn Jahren einspart.

Wenn der Trend insgesamt zu mehr mobiler Arbeit geht, dann sollte im gleichen Zug eine Verkleinerung der Büroflächen geprüft werden. Denn teure Flächen vorzuhalten, ist wirtschaftlich sinnlos, wenn diese nicht benötigt werden

Die Einführung von Desk-Sharing funktioniert nur, wenn dies mit bestehenden oder zu schaffenden Regelungen zur mobilen Arbeit in Einklang steht, um einen geordneten Wechsel zwischen den Arbeitsplätzen zu gewährleisten. Es bietet sich etwa die Einführung eines Buchungstools an, um den Überblick über verfügbare Arbeitsplätze zu behalten. Für einen reibungslosen Ablauf sollte es zudem Regeln geben, wie Mitarbeitende den Arbeitsplatz zu hinterlassen haben („Clean-Desk“).

In der Regel ist ein bestehender Betriebsrat zu beteiligen. So kann dieser ggf. bei Regelungen zum Clean-Desk mitbestimmen (Ordnung des Betriebs; § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Ebenso können Mitbestimmungsrechte betreffend die technische Einrichtungen und den Gesundheitsschutz gegeben sein (§ 87 Abs. 1 Nr. 6, 7 BetrVG) oder bei wesentlicher Änderung der Arbeitsabläufe sogar eine Betriebsänderung vorliegen (§ 111 BetrVG).

Die Gestaltung der Büroräume muss die Bedürfnisse des Arbeitsalltags erfüllen. Bei Veränderungen müssen Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen angepasst werden. Dabei ist auch die psychische Beanspruchung der Beschäftigten durch den Wechsel der Arbeitsplätze berücksichtigen.

Fazit

Die positiven Erfahrungen mit mobiler Arbeit werden die Arbeitswelt auch nach Corona beeinflussen. Daher gilt es, proaktiv tätig zu werden und jetzt Weichen zu stellen. Denn bei ausgewogener Planung und Kombination von modernen Bürokonzepten und mobiler Arbeit profitieren sowohl Unternehmen als auch Beschäftigte. Die rechtlichen Anforderungen sind dabei zwar vielseitig, aber mit entsprechendem Know-how kein Hinderungsgrund, Arbeit attraktiver und effizienter zu gestalten.

 

 

Geschrieben von Reimo Richarz.

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