Modernisierte Mieterrechte – Förderung der Elektromobilität

Bereits jetzt übertrifft die Anzahl der Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland mit über 300.000 Zulassungen den Wert des Vorjahres. Elektrofahrzeuge werden immer beliebter und sind auch im Europäischen Green Deal sowie in der Klimapolitik der Bundesregierung ein zentraler Bestandteil zur Umsetzung der beabsichtigten Klimaneutralität des Straßenverkehrs. Dabei stellt der Zugang zu einer adäquaten Lademöglichkeit ein wesentliches Entscheidungskriterium bei der Anschaffung eines E-Autos dar. Über 50% der deutschen Haushalte wohnen zur Miete, sodass es nicht verwundert, dass der Gesetzgeber durch die Einführung des § 554 BGB gerade dieser Personengruppe die Möglichkeit eröffnet, mit auf dem ersten Blick niedrigen Hürden eine Ladestation für ihren Stellplatz zu errichten. Allein die Vorschrift gilt auch im Gewerberaummietrecht und gibt auch Arbeitgebern die Möglichkeit, Ladestationen für ihre Mitarbeiter einzurichten. Aber was ist mieter- und vermieterseits zu beachten?

 

Mit dem “Gesetz zur Förderung und Modernisierung des Wohnungseigentümergesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften“ (WEMoG) vom 16. Oktober 2020 wurde neben einer Novellierung des Wohnungseigentümergesetzes (WEG) auch eine Neuerung im Mietrecht eingeführt. Der neue § 554 BGB soll das Wohnungseigentums- und das Mietrecht harmonisieren sowie einen wichtigen Beitrag für das Erreichen der Klimaziele der Bundesregierung leisten. Zu diesem Zweck wurde mit der neuen Regelung unter anderem der Einbau von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge durch einen Mieter rechtlich erleichtert. Eine vergleichbare Vorschrift zur Förderung der E-Mobilität gab es vor Inkrafttreten des § 554 BGB am 1. Dezember 2020 im Mietrecht nicht.

Geltungsbereich und Rechte des Mieters aus § 554 BGB

Nicht nur im Wohnraummietrecht, sondern durch die Ergänzung des § 554 BGB in der Verbindungsnorm des § 578 Abs. 1 BGB auch im Gewerberaummietrecht, können Mieter verlangen, dass ihnen die Installation einer Lademöglichkeit an den von ihnen gemieteten Stellplätzen erlaubt wird. Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich keinen Anspruch wohnraumspezifischer Natur schaffen. Zudem hat der Gesetzgeber in seinem Bestreben, eine Harmonisierung des Wohnungseigentums- und Mietrechts herbeizuführen, dieselben Rechte für Wohnungseigentümer in ihrer Gemeinschaft in § 20 Abs. 2 WEG aufgenommen.

Damit enthält der § 554 BGB eine Ausnahme von dem Grundsatz, nach dem der Mieter generell keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Erweiterung des Gebrauchsrechts nach Abschluss des Mietvertrages hat, etwa indem er die Mietsache mit Zustimmung des Vermieters umbauen darf. Die Anforderungen der Vorschrift an den Anspruch des Mieters auf Erlaubnis gemäß § 554 Abs. 1 Alt. 2 BGB sind sehr gering. Voraussetzung des Anspruchs ist jedoch immer, dass dem Mieter ein Stellplatz zur Nutzung überlassen wurde. Sofern lediglich eine Fläche auf dem Grundstücks des Vermieters als Parkplatz genutzt wird, ohne dass dies mietvertraglich vereinbart wurde, besteht kein Anspruch des Mieters auf Zustimmung zur Erbauung einer Lademöglichkeit für sein E-Auto. Die Interessen des Vermieters bleiben, obwohl der § 554 BGB als Anspruch des Mieters ausgestaltet ist, nicht gänzlich unbeachtet. Die Regelung sieht vor, dass die Erlaubnis zum Errichten einer Lademöglichkeit nicht erteilt werden muss, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter unter Berücksichtigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Trotz der niedrigen Anforderungen an den Erlaubnisanspruch zwingt die Vorschrift den Vermieter daher nicht zur Zustimmung.

Interessenabwägung als Ausschlussmöglichkeit des Anspruchs 

Der Vermieter ist berechtigt seine Zustimmung zum Umbau der Mietsache zu verweigern, sofern seine schützenswerten Interessen die seines Mieters übersteigen. Der Mieter hat regelmäßig ein allgemeines Veränderungsinteresse, um die Mietsache zu seinem Zweck sinnvoll nutzen zu können. Auch das gesellschaftliche Interesse an Umwelt- und Klimaschutz fällt auf Seiten des Mieters ins Gewicht. Hinzu treten vor allem bei Gewerberaummietern aber auch wirtschaftliche Belange, beispielsweise die Verbesserung der Marktposition durch das Anbieten einer Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge für Mitarbeiter und Kunden.

Dem gegenüber stehen die Vermieterinteressen. Dazu gehören zum einen das Bestandsinteresse, das darin besteht, dass nicht durch bauliche Veränderungen in die Substanz der Mietsache eingegriffen wird. Dies ist in besonderem Maße zu berücksichtigen, sofern dadurch gefahrenträchtige oder baurechtswidrige Zustände geschaffen werden würden. Insbesondere bei der Neuverlegung von Kabeln sind die Brandlasten und das Brandschutzkonzept zu berücksichtigen. Zudem dürfen auch die Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden. Der Vermieter ist selbst regelmäßig umfangreicheren Verpflichtungen ausgesetzt, vor allem auch gegenüber anderen Mietern der Immobilie. Dessen Rechte dürfen durch den Umbauwunsch eines Mieters nicht beeinträchtigt werden. Dazu gehört auch, dass der Mietgebrauch der anderen Mieter durch die Umbaumaßnahmen nicht erheblich beeinträchtigt werden darf. Auch das Rückbauinteresse des Vermieters ist zu beachten, sodass in die Abwägung auch die Frage einbezogen werden muss, ob ein Rückbau der Ladestation nach Mietende möglich ist und mit welchem Aufwand ein solcher erfolgen kann. Ferner ist zu beachten, dass der Vermieter keine Nachrüstpflichten hat, also bei nicht ausreichender Elektro-Kapazität keinen neuen Trafo zur Verfügung stellen muss. Ob vorhandene Kapazitäten, die ggf. als Puffer für zukünftige Verbräuche vermieterseits eingeplant und vorgerüstet wurden, zur Verfügung gestellt werden müssen, ist noch nicht entschieden. 

Trotz des § 554 BGB ist daher unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bewerten, ob der Mieter seine E-Ladestation installieren darf. Eine pauschale Pflicht des Vermieters zur Erlaubnis von entsprechenden baulichen Veränderungen an der Mietsache hat der Gesetzgeber durch die Ausgestaltung der Vorschrift nicht vorgesehen.

Praktische Folgen für Mieter und Vermieter

Gerade im Bereich der Wohnraummiete bleibt abzuwarten, wie häufig Mieter von ihrem Anspruch aus § 554 BGB Gebrauch machen. Die Mieter sind grundsätzlich dazu verpflichtet die Kosten der fachgerecht durchgeführten Umbaumaßnahme selbst zu tragen und die Lademöglichkeit bei Mietende zurückzubauen. Dies dürfte für viele Anspruchsinhaber wenig attraktiv wirken.

Anders gestaltet sich dies möglicherweise im Gewerberaummietrecht. Hier besteht ein hohes Interesse an der Nachrüstung, meist aber reichen die vorhandenen Kapazitäten nicht aus. Jeder Vermieter ist daher auch gut beraten, wenn er mit der Erteilung der Zustimmung auch eine Vereinbarung schließt, dass bspw. bei weiteren Anschlüssen ladekapazitätsverteilende Infrastrukturen akzeptiert werden oder die Mieter sich bei der Nachrüstung von Transformatoren an den Kosten beteiligen. Auch sollte die Möglichkeit des Rückbaus durch den Mieter ausgeschlossen werden. Denn Vermieter von Gewerberaum trifft ab 2025 eine gesetzliche Pflicht zur Bereitstellung einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge. Nach dem Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG), das am 25. März 2021 in Kraft getreten ist, müssen Nichtwohngebäude mit mehr als 20 Stellplätzen ab dem 1. Januar 2025 unabhängig von einer Sanierung mit einem Ladepunkt für Elektrofahrzeuge ausgestattet sein.

Ist die Zustimmung erteilt, ist der Vermieter verpflichtet, mitzuwirken. Daher muss er bspw. vorhandene Pläne für Räumlichkeiten und Elektroinstallation zur Verfügung stellen. Selbst bauen muss der Vermieter aber nicht. 

Ausblick

Das verfolgte gesamtgesellschaftliche Ziel, die Förderung der Elektromobilität, wird in den nächsten Jahren mehr in den Fokus rücken. Vermieter werden sich vermehrt mit Anfragen ihrer Mieter zu diesem Thema auseinander setzen und teilweise einen nicht unerheblichen Aufwand zum Abschluss von Mietvertragsnachträgen einkalkulieren müssen. Vor unsinnigen oder unnötigen Anfragen sind sie jedoch durch die nicht unerheblichen, insbesondere finanziellen Pflichten der Mieter geschützt. Zudem werden Immobilieneigentümern, wie man am Beispiel der Regelungen des GEIG sehen kann, immer mehr in die Pflicht genommen, zur Beschleunigung des Ausbaus der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität beizutragen. Auch vor diesem Hintergrund sollte frühzeitig eingeplant werden, Mietobjekte auch proaktiv für diese zukünftigen Anforderungen zu rüsten.

 

 

Verfasst von Sabine Reimann und Sarah Plassmann
 

 

 

 

 

 

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