"Win-Win" für beide Seiten - Energetische Sanierung und Datenaustausch nach Maßgabe von Green Leases

Environmental Social Governance (ESG) als Handlungsmaxime für Unternehmen zur Erfüllung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung ist gerade in Zeiten des Klimawandels in aller Munde. Nachhaltiges Wirtschaften und der sorgsame Umgang mit Ressourcen ist ein wesentliches ESG -Kriterium, an dem sich auch Immobilienunternehmen messen lassen müssen.

Der Auswertung und Verbesserung der Ökobilanz von Bestandsimmobilien, die nachweislich für einen wesentlichen Teil der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich sind, kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Im Rahmen von Green Leases können Vermieter und Mieter durch partnerschaftliche Zusammenarbeit von den Maßnahmen profitieren, die zu einer nachhaltigeren Bewirtschaftung der Immobilie führen. 

Energetische Sanierung und das "Nutzer-Investor-Dilemma"

Das Gesetz enthält in den §§ 555b – f, 559 BGB bereits umfangreiche Regelungen zur Durchführung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen. Modernisierungsmaßnahmen sind nach der gesetzlichen Definition u.a. bauliche Veränderungen, durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie sowie nicht erneuerbare Primärenergie und Wasser nachhaltig eingespart wird. Neben dem grundsätzlichen Durchführungsrecht des Vermieters und der Duldungspflicht des Mieters sieht das Gesetz in § 559 auch eine an den Modernisierungskosten orientierte Erhöhung der Miete vor, welche jedoch nur für Wohnraummietverhältnisse gilt. In der Gewerberaummiete ist eine anteilige Umlage der Modernisierungskosten hingegen nicht vorgesehen. 

Um für beide Parteien eine Anreiz für die nachhaltigkeitsorientierte Optimierung des Gebäudes zu schaffen und die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen im Detail zu regeln, bedarf es ergänzender vertraglicher Regelungen, die im Rahmen eines Green Lease vereinbart werden können. 

Denkbar ist zum einen die Erweiterung der Befugnis des Vermieters zur Durchführung nachhaltigkeitsorientierter Modernisierungsmaßnahmen und eine hiermit korrespondierende Duldungspflicht des Mieters sowie einen (befristeten) Ausschluss des gesetzlichen Sonderkündigungsrechts nach § 555e BGB. Denn nachhaltigkeitsorientierte Maßnahmen sind mit den gesetzlich definierten energetischen Modernisierungsmaßnahmen nicht gleichbedeutend und können im Einzelfall darüber hinausgehen. 

Zum anderen können Vereinbarungen zur Installation von Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien getroffen werden, welche sich direkt auf die Mietfläche auswirken und einer regelmäßigen Wartung durch den Betreiber in der Mietfläche bedürfen. 

Zentral ist bei dem Abschluss von Vereinbarungen zur energetischen Sanierung allerdings die interessengerechte Auflösung des "Nutzer-Investor-Dilemmas", welches insbesondere in der Gewerberaummiete auftritt. Dies besteht darin, dass der Vermieter als Eigentümer der Immobilie die Modernisierungskosten trägt, diese jedoch nicht auf den Gewerberaummieter umlegen kann, während dieser im Rahmen der Nebenkosten von den Einspareffekten profitiert. 

Um vor diesem Hintergrund überhaupt einen Anreiz zur Durchführung energetischer Sanierungen für den Vermieter zu schaffen, ist eine vertragliche Vereinbarung zur Verteilung der damit verbundenen Kosten notwendig. Die Beteiligung sollte dabei nicht nur auf Modernisierungsmaßnahmen nach der gesetzlichen Definition, sondern auch auf sonstige nachhaltigkeitsfördernde Maßnahmen erstreckt werden. 

Den Maßstab für die Kostenverteilung sollten die tatsächlich angefallenen Investitionskosten des Vermieters dienen, da diese Kosten leichter zu ermitteln sind als die auf Mieterseite aufgrund der Maßnahmen eingesparten Verbrauchskosten. 

Regelungen zum Datenaustausch und zum Nachhaltigkeitsdialog

Neben der Umsetzung von energetischen Modernisierungsmaßnahmen spielt auch der nachhaltige Betrieb der Immobilie eine wesentliche Rolle bei der Reduzierung von Emissionen. Dies setzt allerdings den Austausch von emissionsrelevanten Daten zwischen den Mietvertragsparteien voraus. 

Klauseln zum Datenaustausch sind daher auch Bestandteil von Green Leases und erlangen insbesondere im Hinblick auf das Thema der Betriebs- und Nebenkosten Bedeutung. Ein regelmäßiger Austausch von Verbrauchsdaten ist zur Bewertung der Verbräuche und Emissionen der Gesamtliegenschaft erforderlich und kann Optimierungs- und Einsparpotentiale aufdecken. Die Parteien entscheiden im Rahmen des Green Lease, in welchem Umfang und in welcher Form und in welcher Regelmäßigkeit Daten ausgetauscht werden sollen. Über den reinen Datenaustausch hinaus kann auch die gemeinsame Entwicklung eines Energiekonzepts für die Immobilie Gegenstand eines Green Lease sein. 

Bei jeder Ausgestaltung des Datenaustauschs sind Datenschutzmechanismen zu installieren. Bei Multi-Tenant Objekten ist an eine anonymisierte Datenübermittlung zu denken, soweit eine Zuordnung der Verursachungsbeiträge für die Gesamtbewertung der Liegenschaft unerheblich ist. Ist dem nicht so, können die Parteien eine detaillierter Zweckbestimmung für die Verwendung der Daten vereinbaren.

Bei einem nachhaltigkeitsorientierten Betrieb von Multi-Tenant Gebäuden bietet es sich an, dass die am Betrieb der Immobilie Beteiligten verbrauchsrelevante Daten, Einsparpotentiale und Optimierungsoptionen zum Gegenstand eines geregelten Kommunikationsprozesses machen. Dieser Prozess kann etwa durch die Bildung eines Nachhaltigkeitsausschusses formalisiert werden, in dem Vertreter von Eigentümer-, Mieter- und Verwalterseite vertreten sind und in dem über konkrete Maßnahmenvorschläge per Mehrheitsbeschluss abgestimmt wird. 

Aus mietvertraglicher Sicht ist im Hinblick auf die Abstimmungsergebnisse des Nachhaltigkeitsausschusses zu beachten, dass diese keine Änderung der bestehenden Mietverträge herbeiführen und auch keinen Anspruch auf eine solche Änderung begründen. Soweit mietvertragliche Anpassungen als Folge von Entscheidungen eines Nachhaltigkeitsdialogs vorgenommen werden sollen, müssen diese Entscheidungen in die Form eines (schriftformgerechten) Nachtrags gegossen werden. 

Fazit

Die nachhaltige Bewirtschaftung von Bestandsimmobilien kann mit Erfolg betrieben werden, wenn alle Beteiligten daran mitwirken. Durch die Auflösung des "Nutzer-Investor-Dilemmas" und die Festlegung eines Kommunikations- und Datenaustauschprozesses können Regelungen in einem Green Lease die erforderlichen Strukturen und Anreize schaffen, um den ökologischen Fußabdruck von Bestandsimmobilien mittel- und langfristig zu verkleinern. 

 

 

Verfasst von Tamara Achtermann

 

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